Das Ladewagengespann ist ihr Favorit. Hier hat sie die Hoheit über Schlepper und Futtererntetechnik. Lange Arbeitstage verbringt Nadine Lieker während der heißen Phase der Grünlandernte auf „ihrem“ Gespann. Sie pflegt es, und sie hegt es, als wäre es ihr eigenes. Und dann kommt zum Ende der Maisernte 2010 der Tag, der ihr Leben verändert. Ihr Chef teilt ihr mit, dass ein Kollege mit ihrem Gespann losfahren und sie eine andere Aufgabe erledigen soll.
Wie in Trance packt sie ihre Tasche, geht nach Hause und durchstöbert das Internet. Auf einem der Gebrauchtmaschinenportale wird die Powerfrau fündig: Sie entdeckt ein schwarzes Dieselross. € 78.000 für einen 820er Vario will der Anbieter haben. Sie finanziert ihr erstes eigenes Dieselross zur Hälfte aus dem Geld, das sie seit ihrem 8. Lebensjahr angespart hat, zur anderen Hälfte über einen Kredit. Ein erster Schritt in Richtung eines eigenen Lohnunternehmens, das ein Jahr später, im Jahr 2011, gegründet wird. In ihrem Einstiegsjahr führt sie immer wieder kleine Aufträge in Eigenregie aus, die jedoch noch nicht ganz für die Selbstständigkeit ausreichen. Parallel ist sie als Angestellte bei einem Lohnunternehmer tätig.
Persönlich entwickelt sich Nadine Lieker in dieser Zeit weiter. Ihre Werte kommen bei den Kunden gut an: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und 100 %-ige Arbeit. Das spricht sich unter den Landwirten herum, die Aufträge kommen zuverlässig und nehmen an Umfang zu, sodass sie nach nur einem Jahr ihr eigener Chef wird und ihr Unternehmen ausbaut. Ihre Ziele kann sie heute mit dem einem stattlichen Fuhrpark, vier festangestellten Mitarbeitern und drei Saisonaushilfen umsetzen. Im Stall stehen mittler - weile fünf eigene Traktoren und ein Mietschlepper – alle aus Marktoberdorf. Vom Fendt 724 Vario bis zum Fendt 939 Vario, von Nature Green über Tannengrün bis hin zu RAL 9005 - den „Black Beauties“ – kaum einer älter als 3 Jahre. Das sei ein Spleen von ihr, gibt sie offen zu: „Ich setze auf neue Maschinen. So kann ich die Gebrauchtmaschinen gut verkaufen und habe im Optimalfall keine Standzeiten für Reparaturen während der Erntezeit.“ In ihrem Lohnunternehmen war schon nahezu jede Baureihe für eine mehr oder weniger lange Zeitspanne im Einsatz.